Die Macht der Worte

Autorenleben

Als Autor weißt du, dass Worten eine besondere Macht innewohnt. Sie können schmeicheln, überzeugen und informieren, aber auch verletzen. Deshalb ist es so wichtig, achtsam mit unseren Worten und letztlich auch mit unseren Gedanken umzugehen. Sie formen unsere Welt und uns selbst.

Wie wir mit Worten umgehen, sagt viel über uns selbst aus. Erwischst du dich auch des Öfteren dabei, viele negativ konnotierte Wörter in deinem Alltag zu nutzen? Es ist „blöd“, wenn uns der Bus vor der Nase wegfährt, die „nervige“ Nachbarin „tratscht“ schon wieder und der Tag auf der Arbeit war einfach nur „stressig“.

Natürlich haben wir alle mal Tage, an denen nichts so zu laufen scheint, wie wir es gerne hätten. Es geht auch gar nicht darum, solche negativen Erlebnisse zu negieren oder zu verdrängen. Wir können gar nicht alle ständig glücklich sein. Es gibt Zeiten in unser aller Leben, die wir gerne vergessen würden, mit denen wir nicht mehr in Verbindung gebracht werden wollen. Letztendlich geht es darum, wie wir mit diesen kleinen wie großen Erlebnissen umgehen – was mich wieder zu den Wörter führt. Natürlich können wir sagen: „Okay, die Zeit damals war echt Mist, aber ich habe daraus das und das gelernt.“

Allein durch unsere Worte und Gedanken haben wir die Macht, vielen Geschehnissen den Schrecken zu nehmen und die kleinen Ärgernisse des Alltags vielleicht sogar in etwas Positives zu verwandeln.

Das, was für dein Leben gilt, spielt natürlich auch in Bezug auf deine Schreibtätigkeit eine Rolle. Wenn du dir tagtäglich sagst: „Ich bin nicht gut genug. Ich werde dieses Buch nie beenden. Das, was ich schreibe, ist das Schlechteste, was je geschrieben wurde“, dann setzt sich das in deinem Unterbewusstsein fest.

Seien wir mal ehrlich: Diese Gedanken kennen wir alle, sie tauchen mal mehr, mal weniger penetrant auf. Aber sie sind nicht gesund. Sie sorgen dafür, dass wir uns schlecht fühlen, dass wir unsere künstlerische Arbeit als minderwertig erachten. Das ist Gift für jede Form von Kreativität.

Aber was kannst du dagegen tun? Diese Gedanken kommen schließlich einfach so und lassen sich nicht verhindern – oder?

Wahrscheinlich ist es in der Tat nicht möglich – ja, vielleicht nicht einmal sinnvoll  -, solche negativen Gedanken völlig von uns fernzuhalten. Aber es liegt in deiner Hand zu entscheiden, wie du mit ihnen umgehen möchtest. Hier kann dir Achtsamkeit ein Wegweiser sein. Jedes Mal, wenn du deinen inneren Kritiker wieder dabei erwischst, deine Arbeit (und damit auch dich selbst) runterzumachen, halte einfach einen Moment inne. Das ist der erste Schritt, denn oft erkennen wir diese negativen Gedankenmuster gar nicht, so eingespielt sind sie schon, so sehr sind sie uns in Fleisch und Blut übergegangen. Wenn du einen solchen Gedankengang bei dir feststellst, schimpfe nicht gleich wieder mit dir! „Du sollst doch nicht so schlecht von dir denken! Hör auf damit! Warum machst du dich selbst wieder klein, das ist schlecht!“ – Nein. Du kannst ganz neutral feststellen, dass du hier wieder in negative Gedankenmuster abdriftest und diesen im nächsten Schritt entgegensteuern.

Eine erste Hilfe leisten dabei Relativierungen. Wenn du ganz ehrlich bist: Du glaubst nicht wirklich, dass der Text, den du gerade schreibst, der schlechteste ist, an dem jemals ein Autor gearbeitet hat. Wenn du das wirklich glauben würdest, woher nimmst du dann die Kraft, dennoch daran weiterzuarbeiten? Falls dich also der kleine Schulterteufel zutextet und dir sagt, wie schlecht du bist, sage dir: „Okay, das, was ich bisher geschrieben habe, ist vielleicht nicht perfekt. Aber das macht nichts. Ich kann es später immer noch überarbeiten.“

Sei gut zu dir und der Arbeit, die du leistest!

Ein weiterer Schritt, die negativen Gedanken gar nicht erst die Oberhand gewinnen zu lassen, sind Affirmationen. Der Begriff stammt vom lateinischen Wort affirmatio, was so viel bedeutet wie Bejahung oder Bestätigung. Wir können Affirmationen nutzen, um negative Glaubenssätze zu überwinden, die sich in unser Unterbewusstsein eingeschlichen haben und uns in unseren Tätigkeiten einschränken, uns vielleicht sogar lähmen.

Möglicherweise kennst du mehrere dieser negativen Glaubenssätze:

Ich werde als Schriftsteller nicht erfolgreich sein, weil …

  • ich nicht gut genug bin.
  • andere viel besser sind als ich.
  • niemand an mich glaubt – auch ich selbst nicht.
  • ich faul bin.
  • ich Geschichten schreibe, die niemand lesen will.
  • sowieso niemand bereit ist, dafür Geld auszugeben.
  • ich aus Angst vor Kritik lieber erst gar nichts veröffentliche.
  • ich keine guten Ideen habe.
  • ich nicht kreativ genug bin.
  • mein Schreibstil eine Katastrophe ist.
  • meine Familie/meine Freunde meinen, ich verschwende meine Zeit.
  • ich es nicht verdiene, erfolgreich zu sein.
  • die Welt ungerecht ist.

Hast du dich in der ein oder anderen Formulierung wiedererkannt? Es gibt zahllose weitere Gedanken, die uns immer wieder zu bestätigen scheinen, warum wir nicht erfolgreich sein können. Mit diesen negativen Glaubenssätzen versichern wir uns selbst, dass – egal, was wir tun, egal, wie sehr wir uns anstrengen – der Erfolg sowieso ausbleiben wird. Es ist schon paradox, denn in dieser »Versicherung« finden wir tatsächlich Sicherheit. Wir haben Angst vor dem Aufbruch ins Unbekannte, vor einem kreativen Leben. Dies ist auch der Grund, warum so viele junge Autoren ihre schriftstellerische Tätigkeit am liebsten gleich verschweigen. Sie haben Angst vor Ablehnung, davor, unangenehme Fragen beantworten oder das Gefühl haben, sich rechtfertigen zu müssen.

Doch wir können ganz bewusst etwas gegen diese unangenehmen Gefühle tun, die sich immer wieder breitmachen und unser Licht unter den Scheffel stellen wollen, in dem wir sie identifizieren wenn sie auftauchen und sie Stück für Stück durch Affirmationen ersetzen. Gewiss erfordert das ein wenig Arbeit und auch eine Spur Disziplin. Natürlich ist es einfacher, die Negativität, die uns ab und an durchströmt einfach zu ertragen, nach dem Motto: Geht schon von selbst wieder weg. Leider stimmt das nicht immer. Jeder dieser negativen Gedanken festigt das Bild, das wir uns von uns selbst gemacht haben. Durch dieses negative Denken können Schreibblockaden entstehen, vielleicht fängt der ein oder andere aufgrund dessen gar nicht erst an zu schreiben, denn: „Es bringt ja eh nichts, weil ich nicht gut genug bin.“

Die Autorin Julia Cameron schreibt in ihrem Buch Der Weg des Künstlers* dazu: »Keiner dieser negativen Glaubenssätze muss wahr sein. Sie werden uns von unseren Eltern, unserer Religion, unserer Kultur und unseren ängstlichen Freunden eingeimpft. Jeder dieser Glaubenssätze spiegelt Vorstellungen im Hinblick darauf wider, was es bedeutet, Künstler zu sein. […] Wir müssen uns mit ihnen konfrontieren. Negative Glaubenssätze sind genau das, nämlich Glaubenssätze und keine Tatsachen.«[1]

Das ist die gute Nachricht: Es sind keine Tatsachen. Wir haben die Macht, diese Denkmuster zu durchbrechen, indem wir sie identifizieren und durch Affirmationen ersetzen. Wie geht das nun? Gehe in einen Dialog mit dir selbst und betrachte dich und deine Arbeit wohlwollend. Was verdienst du wirklich an Anerkennung? Wie möchtest du dich selbst sehen, wie möchtest du von außen wahrgenommen werden?

Mögliche Affirmationen sind z. B.:

  • Ich verdiene es, mit meinen Texten erfolgreich zu sein.
  • Ich habe ein kreatives Talent.
  • Ich habe großartige Ideen.
  • Ich bin ein grandioser und produktiver Schriftsteller.

Die Arbeit mit diesen positiven Glaubenssätzen mag dir zunächst banal erscheinen, vielleicht ist es dir sogar peinlich. Wir tun uns häufig schwer damit, positiv von uns selbst zu sprechen, sind viel eher in der Lage, unsere vermeintlichen Schwächen zu definieren. Wenn du deine persönlichen Affirmationen gefunden hast, wird sich garantiert wieder der innere Kritiker zu Wort melden. Eigenlob mag er nämlich gar nicht – („Eigenlob stinkt“ ist auch so ein negativer Glaubenssatz, der uns bereits in der Kindheit eingebläut wird).

Dieser innere Kritiker wird alles daran setzen, unsere neuen Affirmationen zu widerlegen. Häufig wird er dabei gemein, geradezu bösartig: »Du hast doch keine Ahnung! Glaubst du den Quatsch wirklich? Das bringt doch alles nichts! Du beherrscht doch nicht einmal die Rechtschreibung!«

Notiere dir all diese Gemeinheiten und stelle dir die Frage: Woher kommen sie? Mit wessen Stimme spricht dein innerer Kritiker? Vielleicht kennst du sie? Ist es die Stimme eines Elternteils oder möglicherweise eines (ehemaligen) Lehrers? Mache eine Reise in deine Vergangenheit, in deine Erfahrungen. Möglicherweise wurden diese Worte nie laut ausgesprochen, aber du verbindest ein Gefühl von Peinlichkeit, Scham oder Ablehnung mit ihnen. Wenn du ergründest, wo diese negativen Überzeugungen herkommen, kannst du dich ihnen entgegenstellen und mit deinem neuen, positiven Denken und einem wohwollenden Selbstbild zu arbeiten beginnen.

Der Autor von Miracle Morning*, Hal Elrod, empfiehlt, die persönlichen Affirmationen ganz bewusst zu gestalten, so dass sie mit dem übereinstimmen, was du erreichen möchtest. Nur so kannst du sicher sein, nicht wieder fremde Glaubenssätze zu übernehmen. Frage dich: Was wünsche ich mir? Wie soll mein Leben aussehen? (Das gilt im übrigen nicht nur für die schriftstellerische oder kreative Tätigkeit. Diese Fragen kannst du dir für alle Bereiche deines Lebens stellen – Beziehung, Job, Finanzen, Fitness, Familie etc. – und für jeden Bereich gesondert Affirmationen erstellen.

Genauso wie die negativen Glaubenssätze sind Affirmationen nicht in Stein gemeißelt. Du kannst sie jederzeit anpassen, ersetzen oder verwerfen.

Nun hast du also eine ganze Liste von Affirmationen – vielleicht aber auch nur eine zu einem Bereich, der dir besonders am Herzen liegt. Was nun damit anfangen? Irgendwo vergessen in einer Schreibtischschublade sind sie wenig hilfreich. »Diese Affirmationen sollten Sie täglich wiederholen und am besten laut aussprechen. Ganz allmählich werden sie die Art, wie Sie denken und fühlen, verändern, und Sie können einschränkende Glaubenssätze und Verhaltensweisen überwinden und durch solche ersetzen, die Ihnen Erfolg bescheren werden«[2], schreibt Elrod.

Klingt erst einmal schräg, oder? Es kostet einige Überwindung, laut mit sich selbst zu sprechen. Selbst wenn man alleine ist, kommt man sich unglaublich dämlich dabei vor. Irgendwann geht es dir jedoch in Fleisch und Blut über. Und nach ein paar Wochen oder Monaten, in denen du deine Affirmationen immer wieder verinnerlicht hast, wird der entsprechende negative Gedanke ersetzt werden. Trau dir zu, deine Ängste und schlechten Angewohnheiten abstellen und in etwas Positives umwandeln zu können. Was hast du zu verlieren?

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[1] Cameron, Julia: Der Weg des Künstlers* (2009), S. 66.
[2] Elrod, Hal: Miracle Morning* (2016), S. 92.

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